Geschichte & Ahnenforschung
Geschichte
Grund- und Ortsherren waren die Grafen zu Ortenburg, deren Machtbereich
sich im Hochmittelalter über weite Teile Nieder- und Oberbayerns, der
Oberpfalz sowie Tirols und Kärntens erstreckte.
Stammvater der Ortenburger Grafen ist Siegfried von Sponheim
(um 1000 - 1065), der als Vertrauter Kaiser Konrads II. um 1035 nach
Kärnten kam.
Rapoto I., der vierte Sohn Engelberts II., reg. Graf von ca. 1120-1186, erhielt den niederbayer. Familienbesitz. Um 1120 baute er die Burg Ortenburg, (Ortenburg wurde bis 1531 Ortenberg genannt) und ist somit der Namens- und Stammvater des heute noch im Mannesstamm blühenden Geschlechts der Grafen zu Ortenburg.
Graf Heinrich von Ortenburg, 1206 Gründer der Stadt Vilshofen, und sein Bruder, Pfalzgraf Rapoto II., gerieten 1192 mit dem benachbarten Grafen Albert von Bogen, genannt der Wilde, in einen blutigen Krieg. Streitigkeiten wegen Gebiets- und Jagdgrenzen dürften der Anlass zu dieser ersten Fehde gewesen sein. Dabei fielen die Verbündeten des Bogener Grafen, Herzog Ottokar von Böhmen, Herzog Leopold von Österreich und Herzog Berthold von Andechs-Meranien, denen die stolzen und reichen Sponheimer schon lange ein Dorn im Auge waren, mit großer Heeresmacht in Baiern ein. Der Geschichtsschreiber Arentin berichtet darüber: „Ganze Strecken zwischen dem Inn und der Donau wurden ausgemordet und entvölkert, nicht Heiligkeit des Ortes noch Geschlecht wurden verschont". Schloß Ortenburg wurde im Oktober 1192 von Herzog Leopold erstürmt und zerstört. Ohne Zweifel ist damals auch der Ort unterhalb der Burg verwüstet und niedergebrannt worden.
Auch in den Jahren 1199, 1212 und 1226 kam es erneut zu blutigen Auseinandersetzungen, worunter die Bevölkerung jeweils sehr zu leiden hatte.
Eine besondere Anerkennung bzw. Aufwertung seines Stammes erhielt Graf Georg II., reg. Graf von 1462 -1488. Ihm wurde vom Kaiser Friedrich Ill. mit Urkunde vom 14. April 1478 das bereits 1316 verliehene, jedoch abhanden gekommene Marktrecht erneut verliehen. Ortenburg durfte fortan fünf Jahrmärkte halten. Ebenso wurde in dieser Zeit die Reichsunmittelbarkeit sowie der Blutbann zur Ausübung der höchsten Gerichtsbarkeit vom Kaiser nochmals ausdrücklich bestätigt.
1504 war wiederum ein verhängnisvolles Jahr für Ortenburg. Im Landshuter Erbfolgekrieg (1503 - 1505) hatte der damalige Graf Wolfgang sich der Partei Herzog Albrechts IV. von Oberbayern verbindlich erklärt. Während der Abwesenheit fern seines Ortenburger Besitzes nützte ein mit den örtlichen Verhältnissen vertrauter Lehensmann des Grafen, Andreas Wils, die Gelegenheit, in Verbindung mit den gegnerischen Pfälzern, mit gefälschtem Waffenkleid, die Burgwacht zu überlisten und die Feste in Brand zu stecken.
Die Grafen von Ortenburg zählten von jeher zu den angesehensten und mächtigsten Geschlechtern des bayer. Hochadels, so dass sie an Macht und Besitz mit den Wittelsbachern wetteiferten. Ihre größte Besitzausdehnung hatten sie im 12. Jahrhundert.
Einer der fähigsten dieses Stammes, Graf Joachim zu Ortenburg (siehe Wikipedia), trat 1551 die Regierung an. Infolge seiner Eigenschaften, seines Besitzes und seiner Verwandtschaft, genoss er großes Ansehen.
1555 wurde er Beigeordneter des Bayer. Herzogs und nahm auf den Landtagen eine führende Stellung ein. Er war längere Zeit kaiserlicher Rat im Dienste Kaiser Ferdinands.
Unter seiner Regentschaft wurde die Burg bis 1567 in ihrer heutigen Form wieder aufgebaut. 1563 führte er in seiner reichsfreien Grafschaft, gestützt auf den Augsburger Religionsfrieden von 1555, die Reformation ein.
Dadurch kam er in einen langjährigen Streit mit dem bayerischen Herzog, insbesondere mit Herzog Albrecht V.
Bericht: Graf Joachim und der Calvinismus in Ortenburg (pdf)
Graf Joachim (1530 - 1600)
im Alter von 60 Jahren
Durch Urteil des Reichskammergerichts in Speyer wurde am 4. März 1573 die damals von Bayern bestrittene Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft Ortenburg bestätigt. So hat sich der Bestand des evangelisch-lutherischen Bekenntnisses in Ortenburg über vier Jahrhunderte bis heute erhalten.
Im Oktober 1624 verfügte Kaiser Ferdinand II. von Österreich die Ausweisung der Protestanten aus seinem Land. Der nächstgelegene Zufluchtsort für diese Glaubensflüchtlinge war die Grafschaft Ortenburg. So fanden unter Graf Friedrich Casimir (1591 - 1658) unmittelbar vor Ostern 1626 hundert dieser Flüchtlinge, davon 42 Kinder, zumeist aus dem Raum Grieskirchen, Neumarkt und Peuerbach, in Ortenburg Zuflucht. Bis Ende 1626 trafen nochmals mehr als 100 Glaubensflüchtlinge aus Osterreich, teils aus dem Lande ob der Enns, in Ortenburg ein. Da für die vielen Obdachlosen auf Dauer keine entsprechenden Wohnungen zur Verfügung standen, überließ ihnen der Graf in dem östlich von Ortenburg gelegenen Waldgebiet Grund und Boden, den sie roden und sich darauf ansiedeln konnten. So entstanden die heutigen Orte Vorderhainberg und Hinterhainberg. Nach der Überlieferung führten diese Österreicher den Mostobstanbau ein und brachten die Kunst des Mostbereitens mit, was in der Folgezeit wirtschaftliche Bedeutung erlangte.
Im 30-jährigen Krieg (1618 - 1648) hatten die Bewohner der Grafschaft Ortenburg oft große Not zu ertragen. Eine Stiefschwester Graf Casimirs verkaufte einen Teil ihrer Besitzungen, die Höfe Weihersberg, Tal und Kettenham, um, wie geschrieben steht, „die schweren, unerträglichen Kriegsbeiträge den armen Unterthanen des Marktes und der Grafschaft zu bestreiten und den Untergang vieler guter Männer, Weiber und Kinder abzuwenden, die sonst in Elend geraten müßten."
1634 fielen der Pest 275 Personen zum Opfer. 1648 waren es 189 und 1649 nochmals 205 Personen, die diese schreckliche Krankheit hinweggerafft hat. Ganze Familien sind ausgestorben. So weiß die Chronik zu berichten, dass damals ein Hof für einen Laib Brot zu erwerben war. Der Grund für diese Besitzwertminderung war die arge Not der Bewohner und die Angst vor erneuter Ansteckung mit der Pest beim Erwerb eines der durch Aussterben verlassenen Häuser.
Erwähnenswert ist die Tatsache, dass seit der Reformation in Ortenburg auf die Schulbildung der Jugend großes Augenmerk gelegt wurde. 1703 reformierte Gräfin Amalia Regina grundlegend das Schulwesen und führte die allgemeine Schulpflicht ein. Wie weitsichtig und fortschrittlich die Einstellung der Gräfin war, unterstreicht der Hinweis, dass in Bayern erst 1802 die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde.
Wiederum war es eine Frau als Regentin, Gräfin Christiane Luise, die während des zweiten napoleonischen Krieges (1799 - 1801) ihre ganze Autorität einsetzte, um die Belastungen der Bewohner der Grafschaft durch die durchmarschierenden Truppen zu lindern.
Durch ihre Vermittlung ist es gelungen, dass die Grafschaft als neutral anerkannt wurde.
Eine einschneidende Veränderung gab es für die Bewohner Ortenburgs, als nach der Säkularisation im Jahre 1805 Graf Joseph Carl (1780 - 1831) die Reichsgrafschaft Ortenburg für das aus ehemals kirchlichem Besitz stammende Klosteramt Tambach vertauschte. Ortenburg wurde nun ein bayer. Marktflecken.
1892 wurde auf halber Höhe der Lindenallee eine katholische Kirche in neuromanischem Stil erbaut. 1899 ist die katholische Expositur Ortenburg zur selbstständigen Pfarrei erhoben worden.
Im Zuge der Gebietsreform von 1972 - 1978 wurde Ortenburg als zentraler Ort mit weiteren fünf Gemeinden eine Einheitsgemeinde. Sie ist flächenmäßig eine der größten Gemeinden im Landkreis Passau und zählt derzeit mit etwa 7500 Einwohnern ebenfalls zu den großen Gemeinden im Landkreis.
Schloß Ortenburg, ehemals Stammsitz der Grafen zu Ortenburg, ging 1972 in den Besitz der bürgerlichen Familie Heinrich Orttenburger über. Seither wurde es von Grund auf renoviert und restauriert.
Walter Fuchs
Ahnenforschung
Ahnenforscher auf der Suche nach ihrer Familiengeschichte in Ortenburg können an folgenden Orten fündig werden:
Im Evangelischen Pfarramt, Kreppe 1, 94496 Ortenburg befinden sich folgende Kirchenbücher:
- Taufen ab 1875 (Alphabetisches Register ab 1944)
- Trauungen ab 1868 (Alphabetisches Register ab 1944)
- Bestattungen ab 1897 (Alphabetisches Register ab 1944)
Bürozeiten: Dienstag und Freitag von 8-12 Uhr
Die vorangehenden Ortenburger Kirchenbücher zurück bis zum Jahr 1615 befinden sich im Landeskirchlichen Archiv der ELKB:
Veilhofstraße 28,
Postfach 250429
90129 Nürnberg
Tel.: 0911-58869-0
E-Mail:
LKANuernberg@t-online.de
Mehr Informationen zum Landeskirchlichen Archiv finden Sie unter:
https://www.archiv-elkb.de/